Digitale Identitäten sind der Zutritt zum Ökosystem
Die eID steht schon bald jedem EU-Bürger als Identitätsnachweis zur Verfügung
Die Digitalstrategie der Bundesregierung sieht vor: Jedem Bürger soll eine kostenlose digitale Identität (eID) zustehen. So fordert es auch die EU und hat nun den Rechtsrahmen für eine solche digitale Wallet (EUid-Brieftasche) festgelegt. Damit soll jeder Bürger Zugang zu Dienstleistungen innerhalb Deutschlands und der gesamten EU erhalten – ein wichtiger Meilenstein auch für die Digitalisierung Deutschlands.
Ein Digitalprojekt mit Vorgeschichte nimmt Fahrt auf
Die Entwicklung einer digitalen Identität für jeden Bürger hat – zumindest in Deutschland – eine sehr sprunghafte Vorgeschichte. Bereits 2010 wurde der elektronische Pass eingeführt; Umfragen zufolge nutzten ihn zunächst aber weniger als zehn Prozent der Bürger. Die Gründe: Benötigt wurde anfangs ein zertifizierter Kartenleser und selbst damit war der elektronische Pass lange nicht gut verwendbar, weil er auf Anbieterseite kaum akzeptiert wurde.
Inzwischen sind die Funktionen der Ausweis ID etablierter und in einer App festgeschrieben. Das Personalausweisportal des Bundesinnenministeriums listet weitreichende Anwendungen auf: vom Bafög-Antrag über die Kfz-Zulassung bis zur Rentenauskunft. Auch eine Reihe von Telekommunikationsanbietern und Banken sind aufgeführt – ein einprägsames Logo auf Webseiten oder in Geschäftsstellen soll die Akzeptanz des digitalen Ausweises anzeigen.
Entscheidend: Fehleranalyse vor dem Rollout einer neuen eID
Auch der erste Versuch, eine digitale Wallet zu etablieren, wurde nach einer kurzen Erprobung im Jahr 2021 wegen zu großer Sicherheitsbedenken und fehlender technischer Infrastruktur wieder zurückgenommen. Der entscheidende Lerneffekt aus derartigen Digitalisierungsversuchen muss daher sein: Ein Digitalprojekt wie die eID sollte bereits als Konzept ausgereift sein und dann konsequent umgesetzt werden – auch mit ganz konkreten Anreizen für die Bürger.
In einem zweiten Anlauf wird die digitale Wallet nun voraussichtlich im Herbst/Winter 2023 im Rahmen eines Feldversuches mit Samsung zur Verfügung stehen. Von den daraus resultierenden Erfahrungen wird es wohl abhängen, wie schnell Deutschland beim Thema digitale Identitäten mit anderen Ländern aufschließt. Nach den Vorstellungen der Europäischen Kommission jedenfalls sollen bis zum Jahr 2030 alle öffentlichen Dienstleistungen auch online nutzbar sein und 80 Prozent der EU-Bürger über eine eID verfügen.
Diesen Mehrwert schaffen digitale Identitäten
Ein digitaler Identitätsnachweis wie die eID bündelt Nutzerdaten und staatlich zertifizierte Nachweise für verschiedene Anwendungsfälle. Beispielsweise können damit Behördengänge oder Bankgeschäfte durch sichere digitale Prozesse ersetzt werden – ein enormer Effizienzgewinn für alle Beteiligten. Perspektivisch entsteht so mit der Zeit ein digitales Ökosystem, in das jeder Bürger mit einer eID Zutritt erhält und seine Angelegenheiten und Geschäfte regeln kann.
Die Entscheidung für eine digitale Identität soll nach dem Willen der EU immer freiwillig bleiben. Es darf zwar starke Anreize geben, sich für eine eID zu entscheiden, aber keine Nachteile, wenn man sich nicht registrieren lässt. Auch sollen die Bürger mit digitaler Identität jederzeit selbst darüber entscheiden, welche ihrer Daten sie dort ablegen und mit wem sie diese teilen wollen. Theoretisch lassen sich auf einer eID nicht nur soziale oder finanzielle, sondern auch beispielsweise medizinische oder berufliche Daten speichern. In vier umfangreichen Pilotprojekten wurden bereits Anfang 2023 konkrete Anwendungsfälle für die EUid-Brieftasche getestet, die beispielsweise mobile Führerscheine, elektronische Gesundheitsdienste und berufliche Qualifikationen betreffen.
Konkrete Umsetzung der eID in Dänemark
Die digitale Identität MitID aus Dänemark wurde bereits 2011 von der dänischen Regierung und Finans Danmark ins Leben gerufen (damals noch unter dem Namen NemID). Sie steht allen dänischen Bürgern ab 13 Jahren zur Verfügung und wird primär in Form einer App genutzt. Alle öffentlichen und einige hundert private Dienstleistungen sind darüber nutzbar.
Insbesondere die digitalen Bürger-Services werden über eine zentrale Plattform digital wahrgenommen, auch die behördliche Post aller Bürger, wie etwa Steuerbescheide, landet im digitalen Postfach. Ebenso ist die dänische eID vorausgesetzt für die Nutzung von digitalen Finanzservices – ohne sie bleibt der Zugang zum digitalen Banking verwehrt.
So hat Dänemark seine Bürger von der eID überzeugt:
- Per Post werden alle Bürger aufgefordert, sich für MitID zu registrieren.
- Sie dürfen zwischen digitalem Postfach und analoger Post auswählen.
- Auf das digitale Postfach können sie allerdings nur mit der eID zugreifen.
- Sie können Leserechte an Personen vergeben, die auch eine digitale Identität besitzen.
- Die MitID ist auch der einzige Zugang für Online-Banking inländischer Banken.
Es zeigt sich: Ausgeprägte Alleinstellungsmerkmale sind der stärkste Treiber, um digitale Lösungen zu etablieren. Ohne diese hat eine Innovation wie die digitale Identität ein klassisches Henne-Ei-Problem: Sie liegt vielleicht technisch ausgereift vor, aber die Anwendungsfälle fehlen. Dieses Problem haben die Dänen erfolgreich gelöst: So verwenden in Dänemark inzwischen 99 Prozent der Bevölkerung über 15 Jahre die digitale Identität, um Bankgeschäfte zu tätigen und Verwaltungsdienste in Anspruch zu nehmen.
Wie in vielen anderen Ländern hat auch die Pandemie in Dänemark verstärkt Bürger dazu motiviert, auf digitale Services umzusteigen. Die Anreize sind vom dänischen Staat gezielt so gesetzt worden, dass Menschen mit Interesse an digitaler Teilhabe eigentlich nicht an der eID vorbeikommen – obwohl ihre Nutzung de facto freiwillig ist. Ein so starker Anreiz funktioniert natürlich nur, wenn der Anbieter von digitalen Identitäten bei den Nutzern ein Mindestmaß an Vertrauen genießt.
Diese Meilensteine muss die eID noch überwinden
Mit einer einheitlichen eID sollen die europäischen Bürger höchst vertrauenswürdige digitale Identitäten erhalten. Das Sicherheitsversprechen: Die sensiblen Daten werden nicht wie bisher unübersichtlich bei verschiedenen kommerziellen Anbietern gestreut, sondern in einer Wallet gebündelt. Die digitale Identität ist staatlicherseits verifiziert und erhöht das Vertrauen bei digital angebahnten Geschäften oder auch bei der Interaktion unter Bürgern. Neben öffentlichen Dienstleistern sollen auch Anbieter von Online-Plattformen wie Amazon die EUid-Brieftasche für Anmeldungen und Zahlungen akzeptieren müssen.
Die technischen Spezifikationen für die EUid-Brieftasche werden derzeit noch festgelegt. Nach Abschluss dieser Durchführungsbestimmungen haben die EU-Mitgliedsstaaten 24 Monate Zeit, ihren Bürgerinnen und Bürgern die EUid-Brieftasche zur Verfügung zu stellen.
Unser Beitrag zur Realisierung der digitalen Identitäten
Die vom Staat herausgegebenen eIDs müssen auf der Ebene der Anbieter möglichst attraktiv aufbereitet werden. Hier kommen wir ins Spiel: Wir verfolgen den Plan, digitale Wallets im Zusammenhang mit dem digitalen Euro für Industrie und Endkunden zu entwickeln, deren Anwendung unkompliziert und sicher zugleich ist.